Der Traum, vom Schreiben zu leben, steckt in vielen Autoren. Auch Katherina Groth wollte eines immer unbedingt: Autor werden. Das hat sie geschafft und lebt inzwischen schon seit zwei Jahren als selbstständige Autorin. Für AuthorWing teilt sie ihre Erfahrungen und ihren Weg dorthin, um anderen Autoren Mut zu machen, aber eben auch, um die romantische Vorstellung vom “Autor sein” in ein realistischeres Licht zu rücken.
Autor werden: Der Anfang des Weges
2 Jahre. Seit 2 Jahren bin ich jetzt selbstständige Autorin und kann immer noch nicht fassen, dass es tatsächlich so ist. Und das entgegen der ganzen Negativstimmen, wie: Wenn du nicht so bekannt bist wie J.K. Rowling, ist das gar nicht möglich. Oder aber: Ein Buch schreiben? Autor werden? Davon kann man doch nicht leben. Doch kann man.
Ich kenne unzählige Leute, die auch Autor werden wollten und die heute bekannter sind als ich. Trotzdem kann ich vom Schreiben leben. Allerdings gehört auch etwas Realismus dazu. Denn nein – ich besitze keine Villa, sondern wohne in einer 3-Zimmer-Wohnung. Es steht auch kein Porsche vor der Tür (obwohl mein Mann den verdammt gern hätte), sondern ein gebrauchter Skoda. Und sicherlich gibt es auch immer wieder Zeiten, in denen am Ende von Geld noch zu viel Monat übrig ist. Aber das war auch schon so, als ich noch als Zahnmedizinische Fachangestellte gearbeitet habe. Bevor ich meinen Traum “Autor werden” umgesetzt habe.
Die Entscheidung, ein Buch schreiben zu wollen
Doch fangen wir von vorne an. Wann ich beschlossen habe, genug mit meiner Schreiberei zu verdienen, um Autorin in Vollzeit zu werden? Die Frage ist leicht beantwortet: Gar nicht. Mein Leben hat das für mich entschieden, denn als ich meinen Beruf aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben konnte, stand ich erstmal vor einem großen Fragezeichen. Was mache ich denn jetzt? Das war 2015. Mein erstes Buch hatte gerade mal 2014 das Licht der Welt erblickt. Inzwischen hatte ich mir eine kleine Fangemeinde erarbeitet und trotz meines Tagesjobs meinen Traum, Autor werden, nie aus den Augen verloren. Trotzdem: Diesen Traum wirklich umzusetzen, hatte etwas Unwirkliches. Es war mit so vielen Unsicherheiten belastet, dass ich den Sprung wohl nie freiwillig getan hätte. Denn klar war: Für den gemeinsamen Lebensunterhalt von mir und meinem Mann musste ich mit meinen Büchern mindestens genauso viel verdienen, wie mit meiner Festanstellung.
Das warf eine Menge Fragen auf. Kann ich das? Was ist dafür notwendig? Also habe ich mich hingesetzt und mir aufgeschrieben, wie ich das erreichen kann. Schreiben hilft mir nun mal in so ziemlich allen Lebenslagen. Mir war klar, wenn ich den Sprung wage, brauche ich eine regelmäßige Veröffentlichungsrate, Qualität und ein gutes Marketing. Diese drei Dinge waren schnell herausgefiltert, doch die Umsetzung war ein anderes Thema. Ich bin und war niemals ein Marketing-Genie. Es ist mir immer schwer gefallen, mich und meine Bücher anzupreisen. Aber der Wille, mich zu verbessern, meine Kenntnisse zu erweitern und zu schreiben war schon immer da. Also habe ich es gewagt.
Letzten Endes war es wohl mein Mann, der ausschlaggebend war, dass ich es tatsächlich getan habe. Er sagte: Was hast du zu verlieren? Einen neuen Job musst du dir jetzt auch suchen. Wenn du es nicht versuchst, bereust du es.
Ein Buch schreiben reicht nicht aus
Also meldete ich mich bei der Künstlersozialkasse und konnte dank meiner bisherigen Veröffentlichungen auch ein regelmäßiges Einkommen nachweisen, um tatsächlich auch aufgenommen zu werden. Ab 2016 war alles komisch. Denn sonst schrieb ich morgens an der Bahnhaltestelle, in meiner Mittagspause, nach Feierabend bis spät in die Nacht und an Wochenenden. Aber ab sofort konnte ich immer an meinem Buch schreiben.
Ich konnte immer tun, was ich liebe, ohne mir die Zeit dazu stehlen zu müssen, von den Aktivitäten, die im Leben nun mal notwendig sind.
Das war … nein, das ist unglaublich.
Aber eben auch eine Herausforderung. Es reicht nicht aus, einfach nur ein Buch zu schreiben. Es gab Erwartungen an mich. Ich musste jeden Monat genug verdienen, damit wir unsere Rechnungen bezahlen konnten. Das war Bedingung, nicht nur von meinem Mann, sondern auch an mich selbst.
Meine Firma “Autor” und das erste Tal
Für mich bedeutete das in erster Linie natürlich schreiben, schreiben, schreiben. Aber auch, das Bewusstsein zu entwickeln, dass ich jetzt im weitesten Sinne Firmeninhaberin bin. Und die Firma „Autor“ benötigt, genau wie jede andere, Ausdauer und den Willen sich zu entwickeln. Deshalb schaue ich mir neben dem Schreiben täglich meine Umsätze an, analysiere ständig den Markt und schreibe mir Projektideen auf.
Als es eine Zeit lang nicht so lief wie ich mir das vorstellte, bemerkte ich, dass ich mich neu sortieren muss. Ein Projekt, an dem ich lange und hart gearbeitet hatte, floppte vollständig. Keine Sichtbarkeit, keine Einnahmen. Bis heute habe ich daran nicht genug verdient, um meine Ausgaben zu refinanzieren. Das ist nicht nur finanziell, sondern auch psychisch ein herber Rückschlag, aber kann immer passieren. Doch den Kopf in den Sand stecken war nicht möglich. Es gab ja nur mich in meiner kleinen Firma. Ich war vom Hügel ins erste Tal gerutscht.
Ein Plan musste her. Also kramte ich die – längst verstaubten – Romance-Projekte aus meiner Schublade. Ich war mir sicher: Damit musste man doch irgendetwas machen können. Gesagt, getan. Ich schuf ein Pseudonym und zeitgleich ein zweites Standbein, das mir den Unterhalt sichern sollte. Zwei Autoren verdienen mehr als einer. Firmenzuwachs sozusagen. Ich schrieb die ersten Romane, veröffentlichte sie und – es klappte. Sehr gut sogar.
Was Autor werden bedeutet
Ich hoffe, dass ich dir nicht die romantische Vorstellung des Traumberufs Autor zerstöre. Oder sie wegen mir einen Knacks bekommt, weil ich so nüchtern beschreibe, wie ich welchen Schritt gemacht habe. Denn natürlich war jeder einzelne davon emotional und immer wieder mit neuen Unsicherheiten verbunden. Ich liebe das Schreiben in jeder Facette, aber ich bin auch Geschäftsfrau. Und das bedeutet, dass ich immer hinterher bin mich zu verbessern, erweitern und neue Wege zu beschreiten.
Meine Buchhaltung mache ich selbst, denn das habe ich schon in meinem gelernten Beruf über viele Jahre gemacht. Außerdem bin ich jemand, der die Dinge gern selbst in der Hand hat. Dadurch lerne ich jeden Tag etwas Neues, stolpere immer mal wieder, fange mich aber bisher ohne größere Blessuren immer wieder ab. Denn stehen zu bleiben, kann man sich als Künstler/Autor nicht leisten. Ich bin niemand, der von Jetzt auf Gleich den großen Erfolg erlebt und sofort für Jahre ausgesorgt hat. Ich lebe von Monat zu Monat. Aber ich lebe meinen Traum. Und dazu gehört auch, immer wieder zu überlegen: Was kann ich verbessern? Was kann ich anders machen? Wie kann ich mich erneuern?
Das dritte Standbein
Mit meinem Pseudonym hatte ich mir einen zweiten Einkommensstrom aufgebaut. Trotzdem beschloss ich, zusätzlich ein drittes Standbein, neben dem Buch schreiben, aufzubauen. So traf ich die Entscheidung, zusätzlich meine Tätigkeit als Lektorin anzubieten. Eigentlich war die eher aus einem Zufall geboren, als ich für eine Kollegin und Freundin ihren Text durchging und mein bisheriges Wissen mit ihr teilte. Ihr hat gefallen, was ich gemacht habe und zu ihr gesellten sich noch weitere Autoren. Irgendwann stand die Entscheidung dann fest. Seitdem arbeite ich für mehrere Verlage und Indie-Autoren und die Arbeit macht mir wahnsinnig Spaß! Einfach so. Wieder ein neues Firmenmitglied. Drei Standbeine für meine Zukunft.
Angefangen habe ich als Selfpublisherin, inzwischen bin ich aber auch in einem Verlag untergekommen und beide Wege sichern mir mein Einkommen. Ich genieße es, als Selfpublisherin alles in der Hand zu haben, genau wie ich es als Verlagsautorin liebe, den Verlag in meinem Rücken zu haben, der mich ab und an in die richtige Richtung schubst. Das ist gut so. Nein, es ist sogar wundervoll.
Der Traum vom Schreiben
Ich weiß nicht, was in einem Jahr ist. Oder in zwei. Wenn ich ehrlich bin, weiß ich nicht mal, was in drei Monaten ist. Als Autorin selbstständig zu sein, ist etwas anderes, als in einer Festanstellung zu sein. Aber ich werde immer wieder alles tun, um meine kleine „Firma“ am Leben zu halten. Vom Schreiben zu leben bedeutet in den meisten Fällen nicht, „berühmt“ zu sein. Es bedeutet auch nicht, dass man sich jeden Tag mit einer Tasse Kaffee vor den PC setzt, zwei Stunden schreibt und dann den Tag auf Netflix ausklingen lässt – auch wenn ich darauf manchmal echt Bock hätte! 😀
Ich arbeite jeden Tag 8 – 12 Stunden und dazu zähle ich noch nicht einmal die Zeit, die ich mit der Pflege meiner sozialen Netzwerke verbringe. Es gibt Niemanden, der mir garantieren kann, ob mein nächstes Buch erfolgreich werden wird. Es gibt Niemanden, der mir versichert, dass ich meine Ausgaben wieder reinbekomme. Niemanden, der mir versprechen kann, dass meine ganze Arbeit nicht für die Katz war.
Und trotzdem kann ich mir nichts Besseres vorstellen.
Kann man vom Buch schreiben leben? Ja. Kann man. Es ist verdammt harte Arbeit, die Firma “Autor” am Leben zu erhalten. Aber gleichzeitig ist es der tollste und schönste Beruf, den ich mir vorstellen kann.
Über die Autorin
Katharina Groth ist im Jahr 1987, im südlichen Teil von Niedersachsen geboren und aufgewachsen. Geprägt durch ihre Mutter, die das geschriebene Wort genauso liebt wie sie, begleitete das Schreiben sie ihr Leben lang. Seit 2014 veröffentlicht sie im Genre Science Fiction/Dystopie und High Fantasy.
Ich finde diese neutrale und realistische Darstellung sehr gut gelungen. Sie zeigt, dass so viel mehr, als “bloß” schreiben hinter der Arbeit als Vollzeitautorin steckt. Trotzdem hoffe ich, dass es dennoch motivierend, auf die Schreiberlinge da draußen, wirkt.
Hallo Denise, danke für deinen Kommentar! 🙂
Oh ja, es ist eben ein echtes Handwerk und ein manchmal auch recht anstrengender Job – erst recht, wenn man es als Vollzeitjob macht. Ich finde es auch klasse, dass Katharina so offen darüber spricht! 🙂
Hallo Denise,
danke schön, das freut mich sehr!
Mir selbst kam es beim Schreiben des Artikels zwischendurch fast zu nüchtern vor und es beruhigt mich, dass du das nicht so wahrgenommen hast!
Ich würde mich auch sehr freuen, wenn es den einen oder anderen motiviert den Schritt zu wagen und er/sie sich nicht von den Negativstimmen davon abhalten lässt. 🙂
Ganz liebe Grüße
Katharina
Hallo Katharina,
vielen Dank für deinen ausführlichen Artikel über deine Firma “Autor”. Es war spannend zu lesen, was für Erfahrungen du damit gemacht hast. Ich hoffe, dass ich meinen Traum “Autor werden” auch eines Tages in die Tat umsetzen kann.
Ich bin gerade in einer ähnlichen Situation wie du warst und kann meinen erlernten Beruf aufgrund gesundheitlicher Probleme nicht mehr ausüben. Zumindest im Moment nicht (was die Zukunft bringt, sei jetzt mal offen). Eigentlich wäre das der perfekte Moment für mich, meinen Traum vom Autorenleben wahr zu machen. Und doch habe ich kalte Füße und traue mir viel zu wenig zu. Mein innerer Kritiker, dieser kleine Giftzwerg, hat mich gut unter Kontrolle und flüstert mir ständig Dinge zu wie “Das schaffst du eh nie.” oder “Du bist nicht gut genug. Lass es besser sein.”
Dein Erfahrungsbericht hat mir allerdings neuen Mut geschenkt und vielleicht schaffe ich es ja doch noch irgendwie, über meinen Schatten zu springen.
Liebste Grüße
Myna
Hallo Myna, danke, dass du das mit uns teilst! 🙂 Ich wünsche dir viel Erfolg dabei, deine Wünsche und Träume umzusetzen.
Liebe Grüße, Alice
Hallo Myna,
vielen vielen Dank, wenn ich dir damit etwas Mut schenken konnte, hat sich der Artikel gleich doppelt und dreifach gelohnt. 🙂
Ich selbst bin auch ein Mensch der Sicherheiten liebt, das war schon immer so. Und damals war für mich klar: wenn die Aufnahme bei der Künstlersozialkasse scheitern sollte, muss ich meinen Traum nach hinten verlagern. Warum? Die monatlichen Sozialabgaben sind recht teuer und die KSK entlastet einen wie es ein Arbeitgeber tun würde (50% Autor, 50% KSK). Für den Einstieg in die Selbstständigkeit war dieser Schritt also unerlässlich. Vielleicht ist das eine Möglichkeit, um es dir leichter zu machen? Du könntest dich bei der KSK über die Aufnahmemodalitäten informieren und schauen ob das für dich in Frage kommt. Wenn ja, fällt es dir vielleicht innerlich schon leichter den Schritt zu wagen. So war es zumindest bei mir. 🙂
Liebe Grüße
Katharina
Vielen Dank für den tollen Artikel. Gerade eure Ergänzungen über die KSK fand ich wichtig. Denn es sind ja nicht nur die Kosten des Buches, die es zu decken gilt, sondern auch die gesetzlich notwendigen. Ich überlege schon lange, diesen Schritt zu gehen, überarbeite sogar meine ersten 3 Bücher, damit sie in der Qualität steigen. Und doch ist die Angst zu groß, damit den minimal notwendigen Erfolg nicht zu haben. Die Lücke zwischen dem was bereits reinkommt und dem was es sein müsste, ist einfach riesig. Mal schauen, was die Zukunft noch so für mich parat hält.
Ich danke dir!
Hallo Andreas, danke für deinen Kommentar! 🙂
Und deine Ängste kann ich absolut nachvollziehen, mir geht es da nicht anders. Bei einer Festanstellung weißt du immerhin, was so grob reinkommt (und hoffst, dass sie dir immer erhalten bleibt *g*), wenn du selbstständig bist, musst du selbst dafür sorgen. Daher baue ich mir auch nebenbei etwas auf, damit ich wenigstens eine Grundlage habe, an die ich anknüpfen kann, wenn es dann soweit ist. 🙂
Liebe Grüße! 🙂